Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "EPK", 
  Author    = "Nüttgens, Prof. Dr. Markus", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/entwicklung-und-management-von-informationssystemen/systementwicklung/hauptaktivitaeten-der-systementwicklung/problemanalyse/geschaeftsprozessmodellierung/epk/", 
  Note    = "[Online; Stand 28. March 2024]",
}

EPK

Markus Nüttgens


Die Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) dient der semiformalen Abbildung von Geschäftsprozessen bzw. deren Modellen (Schemata). Aufgrund ihrer anschaulichen und intuitiven Repräsentation und der durchgängigen Werkzeugunterstützung ist sie in der Praxis weit verbreitet.

Beschreibungstechnik

Die Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) wurde am Institut für Wirtschaftsinformatik (IWi) der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit der SAP AG zur (Re-)Dokumentation von Geschäftsprozessen entwickelt [Keller, Nüttgens, Scheer 1992]. Sie ist zentraler Bestandteil der SAP-Referenzmodelle und der ARIS-Konzepte und somit Grundlage modellgetriebener Ansätze für ein durchgängiges und werkzeuggestütztes Geschäftsprozessmanagement.

Die Ereignisgesteuerte Prozesskette beschreibt einen Geschäftsprozess als zeitlich-logische Abfolge betriebswirtschaftlicher Aufgaben mit dem Ziel einer Leistungserstellung. Die zentralen Konstrukte zur Modellierung des Kontrollflusses sind:

  • Ereignisse: Betriebswirtschaftlich relevante Zustandsübergänge und Bedingungen (passive Komponenten) mit einem Zeit-, Daten-,  Bearbeitungs-, Benutzer- oder Nachrichtenbezug (Ereignisalgebra).
  • Funktionen: Fachliche Aufgabe bzw. Tätigkeit zur Unterstützung eines oder mehrerer Unternehmensziele (aktive Komponenten) verbunden mit Zeit- und Ressourcenverbrauch.
  • Verknüpfungsoperatoren (Konnektoren): Verknüpfung von Ereignissen und Funktionen und somit grafische Abbildung komplexer Geschäftsregeln. Die entsprechenden Konnektoren werden vereinfacht als AND-, OR- bzw. XOR-Operatoren bezeichnet.
  • Kontrollflusskanten: Gerichteter Pfeil zwischen Ereignissen, Funktionen und Verknüpfungsoperatoren.

Formal gesehen ist der Kontrollfluss einer EPK ein gerichteter und zusammenhängender Graph, dessen Knoten Ereignisse, Funktionen und Verknüpfungsoperatoren sind. Der Kontrollfluss kann um die einzusetzenden Ressourcen (Produktionsfaktoren) erweitert werden, indem diese den jeweiligen Funktionen zugeordnet werden.

Zur Bezeichnung der Funktionen wird das jeweilige Objekt der Bearbeitung und ein Verb im Infinitiv zur Kennzeichnung der zu verrichtenden Tätigkeit verwendet (z. B. Kundenauftrag anlegen). Bei Ereignissen wird das Objekt, welches eine Zustandsänderung erfährt, mit einem Verb im Partizip Perfekt verbunden (z. B. Kundenauftrag (ist) angelegt).

Anwendungsbeispiel

In Abb. 1 ist exemplarisch ein EPK-Schema zur Beschreibung des Geschäftsprozesses “Kreditantrag bearbeiten” aufgeführt. Die aus dem EPK-Schema resultierenden Prozessszenarien sind weitgehend selbst­erklärend: Innerhalb des Kernprozesses “Kreditantrag bearbeiten” wird der Kreditantrag erfasst (F1) und einer standardisierten Risikoprüfung unterzogen (F2). Im Falle des negativen Ausgangs der (Erst-)Prüfung erfolgt eine weitere fallspezifische Abschätzung (F3). Diese endet entweder mit der Ablehnung (F4) oder einer Wiedervorlage zur Risikoprüfung (F2). Im Falle einer positiven Risikoprüfung ist es von Relevanz, ob es sich um einen Neukunden handelt. In diesem Fall erfolgt nebenläufig zur Erstellung des Kreditvertrages (F5) eine Bedarfsanalyse (F6). Sobald der Kreditvertrag vorbereitet ist, kann dieser von den Vertragspartnern unterschrieben werden (F7). Bei Neukunden kann eine Nachberatung (F8) frühestens dann erfolgen, wenn der Kreditvertrag vorbereitet ist und die Bedarfsanalyse abgeschlossen ist.

 Ereignisgesteuerte Prozesskette_update

Abb. 1: Ereignisgesteuerte Prozesskette: Fallbeispiel “Kreditantrag” [Nüttgens, Rump 2002]

Formalisierung und Erweiterungen

Die Formalisierung vermeidet unterschiedliche Interpretationen und ist Basis für korrekte Anwendungen und Implementierungen von Geschäftsprozessmodellen. Eigenständige formale Ansätze zur Syntax- und Semantikdefinition finden sich u.a. bei [Rump 1999] und [Mendling 2007]. Ein Ansatz zur objektorientierten Ereignisgesteuerten Prozesskette (oEPK) findet sich bei [Scheer, Nüttgens, Zimmermann 1997], ein Ansatz für ein standardisiertes Austauschformat (EPML) bei [Mendling, Nüttgens 2006]. Im GI-Arbeitskreis “Geschäftsprozessmanagement mit Ereignisgesteuerten Prozessketten (WI-EPK)” der GI-Fachgruppe WI-MobIS (FB-WI) werden u.a. in jährlichen Workshops aktuelle Forschungsergebnisse ausgetauscht und im Rahmen des Open-Source-Entwicklungsprojektes bflow*-Toolbox  implementiert.


Literatur

Keller, Gerhard; Nüttgens, Markus; Scheer, August-Wilhelm: Semantische Prozeßmodellierung auf der Grundlage “Ereignisgesteuerter Prozeßketten (EPK)”. In: Scheer, August-Wilhelm (Hrsg.): Veröffentlichungen des Instituts für Wirtschaftsinformatik, Heft 89, Saarbrücken, 1992.  https://www.econbiz.de/archiv/sb/usb/iwi/prozessmodellierung_grundlage_prozessketten.pdf (Abruf 06.04.2020).

Mendling, Jan; Nüttgens, Markus: EPC Markup Language (EPML) – An XML-Based Interchange Format for Event-Driven Process Chains (EPC). International Journal “Information Systems and e-Business Management (ISeB)”. 4 (2006) Nr. 3, S. 245-263. http://www.mendling.com/publications/TR05-EPML.pdf (Abruf 06.04.2020).

Mendling, Jan: Detection and Prediction of Errors in EPC Business Process Models. Dissertationsschrift, Wirtschaftsuniversität Wien. Wien, 2007.

Nüttgens, Markus; Rump, Frank J.: Syntax und Semantik Ereignisgesteuerter Prozessketten (EPK). In: Desel, Jörg ; Weske, Matthias (Hrsg.): Promise 2002: Prozessorientierte Methoden und Werkzeuge für die Entwicklung von Informationssystemen, Proceedings des GI-Workshops und Fachgruppentreffens (Potsdam, Oktober 2002), LNI Vol. P-21, Bonn 2002, S. 64-77.

Rump, Frank J.: Geschäftsprozeßmanagement auf der Basis ereignisgesteuerter Prozeßketten: Formalisierung, Analyse und Ausführung von EPKs, Stuttgart et al.: Teubner, 1999.

Scheer, August-Wilhelm; Nüttgens, Markus; Zimmermann, Volker: Objektorientierte Ereignisgesteuerte Prozeßkette (oEPK): Methode und Anwendung. In : Scheer, A.-W. (Hrsg.): Veröffentlichungen des Instituts für Wirtschaftsinformatik, Heft 141, Saarbrücken, 1997.

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