Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Qualitätsmerkmale von Software", 
  Author    = "Herzwurm, Prof. Dr. Georg", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/entwicklung-und-management-von-informationssystemen/systementwicklung/management-der-systementwicklung/software-qualitaetsmanagement/qualitaetsmerkmale-von-software/", 
  Note    = "[Online; Stand 16. April 2024]",
}

Qualitätsmerkmale von Software

Georg HerzwurmMartin Mikusz


Softwarequalität ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das im Anwendungsfall durch Verfeinerung der Merkmale auf der obersten Abstraktionsebene in Teilmerkmale und weiter in Maße operationalisiert werden muss. Qualitätsmerkmale von Software sind nach ISO 25010 Funktionalität, Zuverlässigkeit, Benutzbarkeit, Effizienz, Wartbarkeit, Sicherheit, Kompatibilität und Portabilität.

Software-Qualitätsmodell

Der Begriff der Softwarequalität ist ein mehrdimensionales Konstrukt, sodass dessen allgemeine Definition für die praktische Anwendung nicht ausreichend ist. Hierfür muss Softwarequalität als die Gesamtheit von Merkmalen und Merkmalswerten eines Software-Produkts, die sich auf dessen Eignung beziehen, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen (nach ISO/IEC 9126; ISO 25010) erst mit Hilfe eines Qualitätsmodells durch Ableiten von Unterbegriffen operationalisiert werden. Dabei erfolgt eine Verfeinerung der Merkmale auf der obersten Abstraktionsebene durch Teilmerkmale, wobei mehrere Qualitätsmerkmale gemeinsame Teilmerkmale haben können. Des Weiteren ist die Anzahl der Ebenen nicht beschränkt. Die Teilmerkmale werden durch Qualitätsindizes bzw. -maße mess- und bewertbar gemacht. Abbildung 1 verdeutlicht den Aufbau derartiger Qualitätsmodelle. Sie werden auch als FCM-Modelle bezeichnet (factor-criteria-metrics-models) [Balzert 2008, S. 461f.].

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Abb. 1.: Aufbau von FCM-Qualitätsmodellen [Balzert 2008, S. 462]

In der Praxis und Forschung existiert eine Vielzahl von Qualitätsmodellen. Eines der ersten Modelle ist das Modell von Boehm et al., das von anderen Forschern weiterentwickelt wurde. Eine Gegenüberstellung der Modelle findet sich in [Frühauf, Ludewig, Sandmayr 2002, S. 19]; eine Zusammenstellung von bekannten atomaren Merkmalen der Produktqualität (normenunabhängig) findet sich in [Ludewig, Lichter 2013, S. 67ff.].

Zahlreiche Softwareunternehmen verfügen über ihre eigenen, unternehmens- und domänenspezifischen Qualitätsmodelle. Eine weit verbreitete systematische Vorgehensweise zur Erstellung spezifischer Qualitätsmodelle im Bereich der Softwareentwicklung ist der Goal Question Metric (GQM)-Ansatz von Basili et al. [Schneider 2012, S. 70ff.; Balzert 2008, S. 466ff.].

Qualitätsmerkmale von Software nach ISO 25010

In der internationalen Norm ISO 25010 kommen gleich zwei FCM-Modelle zur Anwendung – eines zur Definition der externen und internen Qualität des Softwareproduktes, sowie ein weiteres FCM-Modell zur Definition der Nutzungsqualität. Zwischen den drei Qualitätsbegriffen besteht ein kausaler Zusammenhang. Die interne Qualität spiegelt die Sichtweise des Softwareentwicklers auf das Produkt wieder, der typischerweise an internen Merkmalen der Software wie bspw. hoher Wartbarkeit und leichter Portierbarkeit interessiert ist. Die externe Qualität bezeichnet dagegen die Sichtweise eines Endbenutzers auf Softwareprodukt, der mittels Ausführung beobachtbare Eigenschaften wie bspw. die Benutzbarkeit in den Vordergrund stellt. Es wird davon ausgegangen, dass die interne Qualität die externen Eigenschaften des Softwareproduktes beeinflusst, die wiederum die Nutzungsqualität beeinflussen [Balzert 2008, S. 462ff.].

Das Modell der ISO 25010 zur Definition der externen und internen Qualität des Softwareproduktes besteht aus acht Merkmalen, die weiter in eine Vielzahl von Teilmerkmalen aufgespalten werden. Abbildung 2 stellt diese zusammen [ISO 25010 entnommen aus Tiemeyer (Hrsg.) 2014, S. 490].

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Abb. 2.: Qualitätsmodell für externe und interne Qualität nach ISO 25010

Den Merkmalen bzw. Teilmerkmalen werden Qualitätsattribute zugeordnet, welche in der weiteren Operationalisierung durch externe und interne Maße spezifiziert werden [Balzert 2008, S. 462]. Die Fehlerentdeckungsrate, Klarheit von Schnittstellen oder der Speicherverbrauch sind Beispiele für interne Maße. Testüberdeckung und das Antwortzeitverhalten der Software stellen Beispiele für externe Maße dar [Balzert 2008, S. 465].

In der ISO 25010 gibt es für die Nutzungsqualität (quality in use) ein eigenes Qualitätsmodell. Die Nutzungsqualität stellt die Sicht eines Nutzers auf die Software in einer bestimmten Umgebung dar. Sie beurteilt das Produkt hinsichtlich der Fähigkeit, den Nutzer bei der Lösung seiner Aufgaben zu unterstützen. Der Unterschied zur externen Qualität liegt in der Bezugnahme auf einen bestimmten Nutzungskontext mit ganz spezifischen Aufgabenstellungen. Die Nutzungsqualität nach der ISO 25010 besteht auf der obersten Ebene aus den sechs Qualitätsmerkmalen Effektivität, Effizienz, Sicherheit, Zufriedenheit, Kontextabdeckung und Risikofreiheit. Beispiele für Maße der Nutzungsqualität sind Anzahl der vollständig durchgeführten Aufgaben, Fehlerhäufigkeit, Zeit zur Erledigung von Aufgaben und die Zufriedenheit der Benutzer [Balzert 2008, S. 466].

ISO 25010 ist Teil der Normenfamilie ISO 250xx – „Software Product Quality Requirements and Evaluation – SQuaRE“, die auf nationaler Ebene (Deutsches Institut für Normung) nicht adaptiert worden ist. Gegenstand der Norm 25010 sind die
Qualitätsmodelle von SQuaRE, welche die Qualitätsmodelle der Norm ISO/IEC 9126 revidieren. Da Letztere, zumindest im deutschsprachigen Raum, weiterhin einen hohen Bekanntheitsgrad genießt, sei im Folgenden kurz auf die Unterschiede eingegangen. Sowohl das Modell zur Nutzungsqualität als auch das Modell zur Definition der externen und internen Qualität des Softwareproduktes erfuhren einige Änderungen auf Ebene der Qualitätsmerkmale und -teilmerkmale. Von diversen Begriffsanpassungen abgesehen handelt es sich dabei um Anpassungen an die heutigen Rahmenbedingungen aus Sicht der Softwarequalität. So wird hinsichtlich externer und interner Qualität der immer kritischer gewordene Aspekt Sicherheit in der ISO 25010 zu einem Qualitätsmerkmal aufgewertet und durch neu definierte Teilmerkmale weiter aufgespalten. Die zweite wesentliche Änderung besteht im neu eingeführten und damit insgesamt achtem Qualitätsmerkmal Kompatibilität. Koexistenz (vormals Teilmerkmal von Portabilität) und Interoperabilität (vormals Teilmerkmal von Funktionalität) bilden nun die Teilmerkmale des Qualitätsmerkmals Kompatibilität.


Literatur

Balzert, Helmut: Lehrbuch der Softwaretechnik, Bd. 2, Softwaremanagement. 2. Auflage. Heidelberg : Spektrum Akad. Verl., 2008

Frühauf, Karol ; Ludewig, Jochen ; Sandmayr, Helmut: Software-Projektmanagement und –Qualitätssicherung. 4. Auflage. Zürich : vdf, 2002

Ludewig, Jochen ; Lichter, Horst: Software-Engineering. 3. Auflage. Heidelberg : dpunkt, 2013

Schneider, Kurt: Abenteuer Softwarequalität. 2. Auflage. Heidelberg : dpunkt, 2012

Tiemeyer, Ernst: Handbuch IT-Projektmanagement. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. München : Hanser Fachbuchverlag, 2014

 

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