Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung", 
  Author    = "Becker, Prof. Dr. Jörg", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/entwicklung-und-management-von-informationssystemen/systementwicklung/hauptaktivitaeten-der-systementwicklung/problemanalyse/grundsaetze-ordnungsmaessiger-modellierung/", 
  Note    = "[Online; Stand 28. March 2024]",
}

Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung

Jörg Becker


Die Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung (GoM) formulieren Richtlinien, die die Sicherstellung der Qualität von Informationsmodellen adressieren. Das hierbei angesetzte Qualitätsverständnis geht über die Betrachtung der syntaktischen Korrektheit der Modelle hinaus und bezieht semantische, repräsentationelle, organisatorische und ökonomische Aspekte mit ein.

Intention und Historie der GoM

Die begrifflich an die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) angelehnten GoM zielen auf die Sicherstellung der Qualität von Informationsmodellen, die über die reine syntaktische Korrektheit hinausgehen. Die GoM wurden 1995 von Becker, Rosemann und Schütte [1995] vorgestellt. Prozessbezogene Erweiterungen in Form von Grundsätzen ordnungsmäßiger Prozessmodellierung finden sich bspw. bei Rosemann [1996]. Spezifische Modellierungsempfehlungen für die Daten-, Organisations- und Funktionsmodellierung diskutieren Becker und Schütte [2004]. Becker, Ehlers und Schütte [1998] stellen eine Implementierung der GoM in Form eines Tools zur Verwaltung von Modellierungsempfehlungen vor. Grundsätze ordnungsmäßiger Referenzmodellierung sowie ein entsprechendes Vorgehensmodell werden detailliert von Schütte [1998] ausgeführt. Delfmann [2006] überträgt die GoM auf die konfigurative Referenzmodellierung. Einen Überblick über die Entwicklung der GoM gibt Rosemann [1998]. Strukturbestimmend sind sechs Grundsätze, welche als die wesentlichen Qualitätskriterien im Rahmen der Informationsmodellierung angesehen werden [Becker, Schütte 2004]:

Die einzelnen Grundsätze

Grundsatz der Richtigkeit

Voraussetzung für ein qualitativ hochwertiges Modell ist, dass es den zu repräsentierenden Sachverhalt korrekt wiedergibt. Dieser Aspekt kennzeichnet die semantische Richtigkeit. Hierbei ist die Richtigkeit von Modellen grundsätzlich nicht beweisbar, sondern ergibt sich aus dem Konsens der Fach- und Methodenexperten, die ein Modell als zutreffend erachten. Von der semantischen Richtigkeit ist die syntaktische Richtigkeit abzugrenzen, welche die Einhaltung der ggf. individuell definierten Notationsregeln beschreibt.

Grundsatz der Relevanz

Es sollen nur die Sachverhalte modelliert werden, die für den zu Grunde liegenden Modellierungszweck relevant sind. Um das beurteilen zu können, müssen die Ziele der Modellierung expliziert werden. Anhand der explizierten Modellierungsziele können Entscheidungen über das Abstraktionsniveau der darzustellenden Sachverhalte sowie der zu verwendenden Modellierungstechniken getroffen werden. Der Grundsatz der Relevanz ist außerdem für die Entwicklung zweckadäquater Modellierungstechniken hilfreich.

Grundsatz der Wirtschaftlichkeit

Intention des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit ist es, sicherzustellen, dass die Modellierungsaktivitäten in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis zueinander stehen. Es ist zu beachten, dass die Modellierungskosten den eigentlich verfolgten Nutzen der entstehenden Modelle nicht überkompensieren. Die wirtschaftliche Modellerstellung kann bspw. durch die Nutzung von Referenzmodellen gefördert werden.

Grundsatz der Klarheit

Der Grundsatz der Klarheit trägt dem Tatbestand Rechnung, dass ein Modell nur von Nutzen ist, wenn es vom Adressaten auch verstanden wird. Abhängig vom Modellnutzer hat ein Modell einen adäquaten Grad an intuitiver Lesbarkeit aufzuweisen. So sind einerseits die Modellierungstechniken an sich nutzeradäquat auszuwählen und andererseits die Modelle mit Hilfe der Techniken möglichst klar und lesbar darzustellen.

Grundsatz der Vergleichbarkeit

Der Grundsatz der Vergleichbarkeit wird als Ziel formuliert, weil in realen Anwendungssituationen ggf. mehrere Modelle nebeneinander existieren, die vergleichbar sein müssen. Besondere Bedeutung kommt aus betriebswirtschaftlicher Sicht dabei dem Vergleich von Ist- und Sollmodellen zu, damit aus den Modellen Gestaltungsempfehlungen abgeleitet werden können. Daneben sind Modelle vergleichbar zu gestalten, die mit unterschiedlichen Modellierungstechniken erstellt worden sind. Der Grundsatz der Vergleichbarkeit zielt auf den semantischen Vergleich zweier Modelle ab, d. h. es sind die mit zwei Modellen beschriebenen Inhalte hinsichtlich ihrer Deckungsgleichheit zu untersuchen.

Grundsatz des systematischen Aufbaus

Dieser Grundsatz hat seine Notwendigkeit in der Darstellung eines Sachverhalts aus unterschiedlichen Sichten, die zur Reduktion dessen Komplexität gebildet werden. Bei der Modellierung von Informationssystemen werden Daten-, Funktions-, Organisations- und Steuerungssicht oder die Struktur- und die Verhaltenssicht unterschieden. Mit dem Grundsatz des systematischen Aufbaus wird eine sichtenübergreifende, Aspekte einbeziehende Modellerstellung gefordert. Dieses Ziel wird zum einen mit einem sichtenübergreifenden Metamodell gefördert, das den Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Sprachkonstrukten herstellt. Zum anderen ist auch für den Modellinhalt eine konsistente sichtenübergreifende Modellierung zu fordern.


Literatur

Becker, Jörg; Ehlers, Lars; Schütte, Reinhard: Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung. In: Projektträger des BMBF beim DLR (Hrsg.): Tagungsband zur Statustagung des BMBF Softwaretechnologie. Bonn 1998, S. 63-93.

Becker, Jörg; Rosemann, Michael; Schütte, Reinhard: Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung. In: Wirtschaftsinformatik 37 (1995), Nr. 5, S. 435-445.

Becker, Jörg; Schütte, Reinhard: Handelsinformationssysteme. 2. Auflage, Frankfurt am Main: Verlag Moderne Industrie 2004.

Delfmann, Patrick: Adaptive Referenzmodellierung. Methodische Konzepte zur Konstruktion und Anwendung wiederverwendungsorientierter Informationsmodelle. Berlin: Logos 2006.

Rosemann, Michael: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung. Intention, Entwicklung, Architektur und Multiperspektivität. In: Maicher, Michael; Scheruhn, Hans-Jürgen (Hrsg.): Informationsmodellierung. Referenzmodelle und Werkzeuge. Wiesbaden: Gabler 1998, S. 1-21.

Rosemann, Michael: Multiperspektivische Informationsmodellierung auf der Basis der Grundsätze ordnungsmäßiger Modellierung. In: Management & Computer 4 (1996), Nr. 4, S. 219-226.

Schütte, Reinhard: Grundsätze ordnungsmäßiger Referenzmodellierung. Konstruktion konfigurations- und anpassungsfähiger Modelle. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag 1998

 

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